SUR: Regulierung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes generell falsche Stellschraube

Umfangreiche ZVG-Stellungnahme zum Vorschlag Sarah Wieners bezüglich der SUR eingereicht


Die Berichterstatterin Sarah Wiener hat im Februar 2023 den Entwurf des Berichtes zur SUR zu weiterer Diskussion in den Ausschüssen und dann im Europäischen Parlament vorgelegt. Der Zentralverband Gartenbau e.V. (ZVG) hat sich die Argumente vorgenommen und auf den Gartenbau übertragen. Die umfangreiche Stellungnahme ist an die Abgeordneten des Bundestags versendet worden.


Die Änderungsvorschläge im Berichtsentwurf gehen weit über das hinaus, was schon im Vorschlag der Kommission kritisiert wurde. Sie sind nicht geeignet, nachhaltigen Pflanzenschutz im Sinne des Integrierten Pflanzenschutzes zu gewährleisten. Im Gegenteil, sie gefährden zusätzlich die nachhaltige Produktion im Gartenbau und damit auch im heimischen Gemüsebau. Hinzu kommt, dass eine ergänzende Folgenabschätzung noch nicht abgeschlossen ist. In der Stellungnahme wird der Sachverständige Prof. Dr. Tiedemann zitiert, welcher erklärt, dass die wissenschaftliche Studienlage eigentlich deutlich macht, dass die Regulierung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes generell die falsche Stellschraube für die Sicherung der Biodiversität sei. Unter den vom Menschen beeinflussbaren Wirkfaktoren muss vielmehr die Struktur der Agrarlandschaft in den Blick genommen werden stellt Tiedemann heraus, da sie durch Bereitstellung von Lebensräumen maßgeblich das Arteninventar in den Agrarregionen bestimmt. Ein Kernpunkt Wieners ist der Vorschlag zu einer Reduktion um 80 % bei gefährlicheren Pflanzenschutzmitteln. Selbst eine Reduktion um 50 % bei allen Mitteln bis 2030 ist enorm und wird den Gartenbau, mit all seinen Sonderkulturen vor nicht bewältigbare Probleme stellen. In der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln wird dem Aspekt der Gefährlichkeit bereits ausreichend und sicher Rechnung getragen. Die Problematik der Lückenindikationen zeigt, dass Lösungen dringlich sind. Nötig sind ausreichend Wirkstoffe, um auch Resistenzstrategien umsetzen zu können. Allein mit biologischen Mitteln, die ebenso einer Risikobewertung unterliegen müssen, werden die Pflanzenschutz-Probleme nicht ausreichend beherrschbar sein. Um eine Reduktion zu erreichen, sind Anstrengungen, Maßnahmen und Förderprogramme, die dazu beitragen, den Pflanzenschutzeinsatz zu reduzieren einzurichten, schlägt der ZVG in der Stellungnahme alternativ vor. Dazu zählt auch eine technologieoffene Pflanzenzüchtung, Technik zur Teilflächenapplikation, Ausweitung von Prognosemodelle, Precision Farming und der Ausbau statt Abbau der Beratung in den Ländern.

Weiterhin schlägt Wiener in Ihrem Entwurf vor, dass die Gebietskulissen gemäß der CDDA-Datenbank beibehalten werden. Ausgenommen werden sollen nur nitrat-sensible Gebiete und Gebiete, deren Ausweisung nicht aus Gründen des Naturschutzes erfolgte. Dieser Vorschlag reicht aus ZVG-Sicht nicht aus, um die Auswirkungen pauschaler Verbote in bestimmten Gebieten zu begrenzen. Die Klassifizierungskriterien für die Datenbank sind in der EU nicht harmonisiert. Die CDDA-Datenbank ist aus der Definition der empfindlichen Gebiete auszuschließen. Die Definition der sensiblen Gebiete bleibt nach wie vor sehr unscharf und umfassend. Ein pauschales Anwendungsverbot in dem dargestellten Umfang ist völlig unverhältnismäßig und wird abgelehnt. Die spezifischen Bedingungen in den Schutzgebieten in den Mitgliedstaaten müssen auf Ebene der Mitgliedstaaten berücksichtigt werden. Grundsätzlich ist eine pauschale Regelung für alle Gebiete einer bestimmten Klasse abzulehnen. Vielmehr gilt es zu prüfen, ob die jeweiligen Schutzgebietsziele einer Anwendung von Pflanzenschutzmittel entgegenstehen. Abhängig vom jeweiligen Erhaltungsziel des Schutzgebietes ist hier eine differenzierte, standortbezogene kooperative Vorgehensweise erforderlich. Begründete Ausnahmen von Pflanzenschutz-Anwendungsverboten in Naturschutzgebieten müssen zudem regional begrenzt festgelegt werden können, wenn es dem Schutzzweck entspricht.


Zum Integrierter Pflanzenschutz wird von Wiener ein fixes hierarchisches System vorgeschrieben. Ein solches System widerspricht dem flexiblen Charakter des Integrierten Pflanzenschutzes, wird in der Stellungnahme widersprochen. Wenn erst der Nachweis des erfolgslosen Einsatzes aller anderen als chemische Mittel für deren Anwendung vorgeschrieben ist, wird ein chemischer Pflanzenschutz immer zu spät kommen, um Kulturen vor Schaden zu schützen. Eine Zwangs-Ökologisierung lehnt der ZVG ab. Eine Antragspflicht für präventive Maßnahmen, die zur Bekämpfung von pilzlichen Schaderregern meist unverzichtbar sind, wird zu einem enormen Zeitverzug in der Bekämpfung und zu einem Wust an behördlichen Verfahren führen. Auch präventive Maßnahmen müssen flexibel im Rahmen des Integrierten Pflanzenschutzes möglich bleiben. Es drohen erhebliche Verluste in den Kulturen.


Im weiteren Verlauf der Stellungnahme wird auf die zu bürokratischen Vorgaben zur Dokumentation hingewiesen. Das Fazit der Stellungnahme zum Bericht, lautet er verschärft die schon nicht tragfähigen Vorschläge der europäischen Kommission. Dieser Entwurf muss vollständig überarbeitet werden und kann so nicht in die Praxis überführt werden.

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