Zukunft für den regionalen Gemüsebau

182. Vorstandssitzung der Bundesfachgruppe Gemüsebau in Berlin

Einen intensiven Austausch zur Zukunft des deutschen Gemüsebaues pflegten die Vorstandsmitglieder der Bundesfachgruppe Gemüsebau auf der Sitzung im Vorfeld der Fruit Logistica am 07.02.2023 mit Dr. Anne Monika Spallek von Bündnis 90 / Die Grünen. Der Vorsitzende Christian Ufen betonte in seinem Eingangsplädoyer welche Herausforderungen den Gemüsebau aktuell am stärksten belasten: Kostensteigerungen im Zuge des Ukraine-Russland Krieges insbesondere die Auswirkungen auf die Energie, langfristige Wasserverfügbarkeit für den Gemüsebau und die Bürokratiebelastung. Lobend erwähnte Ufen die Strom- und Gaspreisbremse. Beim Thema Energie für den Gemüsebau stellte er in Frage, auf welchen Energieträger, denn zukünftig der Unterglasanbau setzen solle, nun da Gas keine angepriesene Übergangslösung mehr auf dem Weg zu erneuerbaren Energieträgern sei. Beim Holz habe die Politik nun durch die geplante Aufnahme von Altholz in die Co2-Bepreisung die bisherigen Rahmenbedingungen verändert. Man brauche dringend Verlässlichkeit bei politischen Entscheidungen. Aber auch das Wegbrechen der Pflanzenschutzmittel macht es immer schwerer langfristig zu planen oder in Zukunftstechnologien zu investieren. Er betonte den Bearbeitungsstau bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), hier müsse personell aufgestockt werden, um die Arbeit sachgerecht abzuarbeiten. Gezeigt habe sich aber auch in Zeiten der Krise, dass Verbraucher wieder vermehrt auf günstige Produkte setzen, was den deutschen Anbauern bei den aktuellen Rahmenbedienungen schwerfällt, um mit den europäischen Nachbarn und Drittländern mitzuhalten. Wasser sei unabdingbar im Gemüsebau, erläuterte der Vorsitzende und ohne diese Ressource werde es zukünftig keinen Gemüseanbau mehr geben. Zwar sei man immer mehr der Kritik aus Bevölkerung über Wassernutzung ausgesetzt, hier brauche es aber mehr Unterstützung durch Politik beispielsweise durch ein Bundesprogramm Wassereffizienz im Gemüsebau. Wasser werde zur Lebensmittelproduktion genutzt und gehe nicht verloren oder werde verschwendet. Ufen führte auch aus, wie sich die Anbauflächen und der pro-Kopf Gemüse Verzehr positiv entwickelt haben, aber auch wie wenig Betriebe mittlerweile diese Arbeit stemmen. Nach dem Plädoyer ging Dr. Spallek auf mehrere der genannten Aspekte ein und die anderen Vorstandsmitglieder schlossen sich der regen Diskussion an. Einig war man sich, dass die genauen Stellschrauben analysiert und gedreht werden müssen, um den Gemüseerzeugern zu helfen, damit ein langfristiges Wirtschaften möglich wird. Dr. Spallek sprach sich für Fördermaßnahmen speziell für den Obst und Gemüsebau aus. Mehr Vielfalt, gesunde und nachhaltige Nahrungsmittelproduktion seien das Ziel der Regierung und dafür werde sie sich einsetzen.

Mehr pflanzenbasierte Nahrungsmittel und damit also auch mehr Gemüse und weniger Fleisch sollte verzehrt werden. Im Blick habe man den Außer-Haus-Verzehr und die Gastronomie, um den Absatz von regionalen Produkten zu erhöhen. Hier seien Budgeterhöhungen und genaue Vorgaben für die Ausschreibungen bei öffentlichen Kantinen nötig. Gegensätzliche Meinungen wurde deutlich, wie man all die Ziele erreichen solle. Fördert man einerseits nur kleine Betriebe, sei eine technische Weiterentwicklung im Sinne der Nachhaltigkeit aus Sicht der Teilnehmer schwer erreichbar. Den Strukturwandel halte man nicht mehr auf, dafür seien die Auflagen und Anforderungen aus Politik und Gesellschaft an den Gemüsebau mittlerweile zu hoch, so die Meinung im Vorstand. Die Investitionen in die hochpreisige sensorgesteuerte Technik können nur Betriebe mit entsprechenden Flächen leisten, bei denen die Maschinen effektiv eingesetzt werden können. Zum Thema Energie wurde auch Agri-PV angesprochen, hier sieht der Vorstand mehr Potential bei anderen Agrarflächen als im intensiven satzweisen Gemüsebau. Eventuell beim Beerenobst oder beim Baumobst sei das sinnvoll, aber die wertvollen Böden zum Gemüsebau sollen vorrangig erhalten bleiben. Versöhnlich endete der Austausch schlussendlich doch, sodass man in Kontakt bleibt und punktgenaue Lösungsvorschläge zur Hilfe für den Gemüsebau austauscht. Weiteres Thema der Sitzung in Berlin lieferte Prof. Dr. Claus Bull von der Berliner Hochschule für Technik vom Studiengang Gartenbauliche Phytotechnologie.

In seinem Vortrag zum Thema Möglichkeiten und Grenzen für die professionelle Gemüseproduktion im peri‐urbanen und intra‐urbanen Raum schilderte Dr. Bull, dass es bereits sinnvoll und wirtschaftlich sei den Gemüsebau in entsprechenden Anbauregionen um Städte herum zu betreiben aus Sicht von Nachhaltigkeit bei Transportwegen und Co2-Fußabdruck, aber auch aufgrund der Frische der regionalen Produkte und der Sicherung von Arbeitsplätzen in den Bereichen. Akzeptanz und Tradition spielen hier gesellschaftliche auch eine große Rolle. Im zweiten Teil seines Vortrags ging Dr. Bull wiederum auf den Gemüseanbau im intra-urbanen Raum ein. Bisher sei nur der Salat- und Kräuteranbau in hydroponischen Systemen machbar, welche häufig ausschließlicher unter LED-Beleuchtung stattfinden. Zwar sei der Ertrag pro Fläche hoch, jedoch spiegele dies nicht die hohen Investitionskosten in Technik und die Energiekosten zum Betreiben der Anlagen wider. Auch ist die Entwicklung in Systeme für andere Gemüsearten wenig vorangeschritten. Zur Sicherung der Nachhaltigkeit im Gemüsebau werden laut Dr. Bull insbesondere ressourceneffiziente Produktionssysteme benötigt, wie es der Freiland- und der Unterglasanbau bereits heute der Fall sei.

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