Vorstand tauscht sich zur aktuellen Lage aus

Es ziehen mehrere Kostenfaktoren an, welche die Branche in der nächsten Saison und in Zukunft massiv belasten werden. Insbesondere die Diskussion um die geplante Mindestlohnerhöhung von 12 € im kommenden Jahr beschäftigte die Vorstandsmitglieder der Bundesfachgruppe Gemüsebau intensiv. Das wurde bei der digitalen Sitzung unter Leitung des Vorsitzenden Christian Ufen am 18. November deutlich. Die Bundestagswahl und die Auswirkungen der neuen politischen Konstellation haben eine große Rolle bei den Diskussionen gespielt. Daher erläuterte Lilian Heim, Geschäftsführerin des Bundesausschuss Obst und Gemüse (BOG) die wichtigsten Kernthemen, welche im Wahljahr für die Branche eine Rolle gespielt haben. Diese wurden zur Bundestagswahl veröffentlicht, in Wahlprüfsteine an die Parteien versendet und lieferten in wichtigen Gesprächen mit der Politik eine Basis für Positionen und Argumente. Aktuell wurden die Themen aktualisiert und abgewandelt an die Koalitionäre der nächsten Regierung herangetragen.

Die Ampel – Konstellation macht allen Beteiligten klar, dass Änderungen anstehen. Weitere Gründe für die eher getrübten Aussichten sind neben den steigenden Lohnkosten, die Unsicherheiten des Zeitpunktes der Einführung des höheren Mindestlohns bei gleichgeringer Verfügbarkeit von Erntehelfern, dabei erhöhte Anforderungen an die Unterbringung, aber auch die Kosten der Masken- und Testpflichten, die als Arbeitgeber zu leisten sind. Die Vorstandsmitglieder sind sich einig, dass zukünftig erntefähiges Gemüse aufgrund fehlender Erntehelfer nicht geerntet werden könnte. Des Weiteren belasten steigende Energiepreise und die CO2-Bepreisung die Produktion und verhindern Investitionen in Mechanisierung und Robotik oder auch regenerativen Energien. Daher erläuterte Dr. Hans-Joachim Brinkjans, stellvertretender Generalsekretär und Umweltreferent des Zentralverbandes Gartenbau e.V. (ZVG) den Sachstand der Teilsektoranerkennung für den Unterglas Gemüsebau bei der Carbon Leakage Verordnung.

Als Voraussetzung muss eine Branchenvertretung den Sektor, falls noch nicht gelistet, nachträglich anmelden. Brinkjans erläutert, dass der ZVG mehrere Sparten aus dem Gartenbau als Teilsektoren von der Co2-Bepreisung als betroffen einstuft. Die Deutsche Emissionshandelsstelle DEHST fordert umfassende Daten der Mitglieder wie die Umsatzzahlen und Energieverbrauch. Diese hat Laura Lafuente als Online-Umfrage anonym versendet. Nun steht jedoch im Raum, ob die Daten so verwendet werden können, da ein unabhängiger Wirtschaftsprüfer laut DEHST die Daten nachvollziehen muss. Brinkjans erläutert das weitere Vorgehen. Im nächsten Schritt nach einer möglichen Anerkennung als betroffener Teilsektor können die Unternehmen sich erst in einem Antragsverfahren bis 30.06.2022 anmelden. Erst nach einem Berechnungsverfahrens wird der Beihilfebetrag ermittelt. An diesem hängen weitere Maßnahmen wie Investitionen eines Teils der erhaltenen Kompensationssumme in Klimaschutzmaßnahmen. Das Vorgehen entpuppt sich bisher als wahres „Bürokratiemonster“ und es ist anscheinend nicht ganz sicher, ob sich der Aufwand wirklich lohnt für die Unternehmen.

Dabei ist man sich einig, dass Innovationen für ein langfristiges Wirtschaften nötig sind, betont der Vorstand der Bundesfachgruppe. Dazu kommen die wegfallende Umsatzsteuerpauschalierung und die Verschärfte Düngeverordnung, welche den Anbau stark einschränkt. Besonders kritisch wird gesehen, dass es kaum Übergangszeiten zur Anpassung gegeben hat, sich als Betrieb auf die kommenden Änderungen einzustellen und damit mehrere Kostenfaktoren gleichzeitig auf die Betriebe zukommen würden, die man nun versuchen muss auf die Produktkosten umzulegen. Dabei ist die Marktlage sehr diffus für viele Produkte, beispielsweise steigen die Preise für Dünger im Freiland nahezu täglich und es ist schwer Preise zu kalkulieren, bemängelte der Vorstand. Die notwendigen Preiserhöhungen sind kaum – und wenn, dann nur zeitverzögert – durchsetzbar. Die Preisgrenzen sind auch in der Direktvermarktung in den vergangenen Jahren wiederum deutlich geworden. Im harten internationalen Wettbewerb wird es damit für den deutschen Gemüsebau noch einmal deutlich schwieriger, sich zu behaupten. Es ist wichtig, beim Blick in die Zukunft nicht in Panik zu geraten, sondern einen kühlen Kopf zu bewahren und Lösungen anzubieten, betonte Ufen. Jeder Betrieb sollte mit Blick auf seine Struktur und seiner Kostendeckung entscheiden, wie man die Preise im nächsten Jahr gestalten kann.

In der Sitzung wurde ebenfalls der Fokus auf die Situation beim Pflanzenschutz im Gemüsebau gelegt. Geschäftsführerin der Bundesfachgruppe Laura Lafuente berichtete von umfassenden Notfallgenehmigungen, um Behandlungslücken zu schließen. 2021 war besonders der Wirkstoff zur Beize Metalalxyl-M aufwendig zu beantragen, weil die Zulassungen für verschiedene Bereiche gestellt werden mussten. Beispielsweise waren gesonderte Anträge nötig für die Beize an sich, die Aussaat des gebeizten Saatgutes sowie dem Import und Export des Saatgutes in andere EU-Länder. Ohne die Beize wären jedoch zahlreiche Kulturen im Freiland ohne Schutz vor pilzlichen Erregern wie falschem Mehltau oder Stängelfäule. Anschließend führte Gabriele Leinhos auf, was aus dem Verbundvorhaben Lückenindikation im letzten Jahr für den Gemüsebau erreicht worden ist. Über NEPTUN 2022 referierte Jan Helbig vom Julius-Kühn-Institut und betonte, dass alle gesammelten Daten anonymisiert und niemals an Dritte gegeben werden wie man vertraglich zugesichert hat. Einen Bericht aus der Arbeitsgruppe Berufsbild Gärtner der Fachrichtung Gemüsebau erläuterte Johannes Höfler. Auf der Klausurtagung in Erfurt vom 27.-29. Oktober hatten sich im Vorfeld alle sieben Fachrichtungen des Gärtners getroffen und sich auf ein gemeinsames Berufsbild geeinigt. Diskussionen gab es bei der Ordnung der Fachrichtung, da es Ambitionen für eine Fachrichtung bezüglich „Verkaufen und Beraten“ gibt. Auch bei der endgültigen Prüfungsform lagen die Vertreter der Fachrichtungen noch auseinander. Der Prozess einer Neuordnung des Berufes wird noch dauern und viele Gespräche mit sich ziehen. Als Vertreter der Fachgruppe Gemüsebau in den Bundesausschuss Obst und Gemüse wurden Peter Höfler, Heinz-Peter Frehn, Theo Germes, Wolfgang Mählmann, Christoph Nagelschmitz und Christian Ufen für weitere drei Jahre wiedergewählt. Vorgeschlagen zu Wiederwahl auf der Delegiertenversammlung wurde der Vorsitzende Christian Ufen. Die nächste Vorstandssitzung ist für den 08. Februar angesetzt.

Digitale Vorstandssitzung
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