Der Aufschrei unter den Agrarverbänden war groß, nachdem das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft die Diskussionsgrundlage für das Zukunftsprogramm Pflanzenschutz im März vorgelegt hat. Plötzlich standen wieder 50% Mittelreduktion, 10 % Refugialflächen als Ausgleich zum chemischen Mitteleinsatz, Verbote in Trinkwasserschutzgebieten und sogar eine Pestizidsteuer zur Diskussion. Kaum ein Wort über Wirkstoffverluste und Resistenzmanagement oder die Bekämpfung von neuen und alten Schädigern. Auch die Bundesfachgruppe Gemüsebau sowie die Trägerverbände und der Bundesausschuss Obst und Gemüse reichten daraufhin umfassende kritische Stellungnahmen im Rahmen des Beteiligungsprozesses ein.
Anschließend formierten sich 30 Agrarverbände in einem gemeinsamen übergeordneten Verbändepapier und forderten die Rücknahme des Programms. Das BMEL hat die Sorgen der Betriebe im Bezug auf Pflanzenschutz nicht erkannt, so der gemeinsame Tenor. Der kontinuierliche Verlust von chemischen Wirkstoffen stellt eine derzeit noch nicht ausreichend beachtete Gefahr für die künftige Ernährungssicherung dar, die das Ministerium kaum anerkennt. Angesichts dessen forderten die Verbände eine verlässliche Gesamtstrategie für die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln im Sinne des nachhaltigen Schutzes landwirtschaftlicher Kulturen. Nun wurde das Ergebnis am 04. September präsentiert. Ordnungsrechtliche Verbote sowie die vorher noch erwähnte Pestizid-Steuer oder der Refugialflächenansatz in Verknüpfung mit dem Einsatz von chemischem Pflanzenschutz tauchen im Endergebnis nicht mehr auf. Dafür möchte das Ministerium sich der Nützlingsverordnung widmen, was begrüßt wird, um hier Rechtssicherheit im Freilandeinsatz zu erhalten. Erfreulich ist ebenfalls, dass das Ministerium mehrfach auf die Sonderkulturen und Lückenindikationen im Papier verweist und hier unterstützen möchte.
Wie und in welcher konkreten Form bleibt leider noch offen. Insgesamt liest sich das Ergebnis sehr viel versöhnlicher als der erste Aufschlag. Im Dreiklang zwischen Innovation, Anreizen und Alternativen zum chemischen Einsatz, zeichnet das Papier nun ein etwas realistischeres Bild. Doch im Grundsatz bleibt das Programm auf dem Stand einer Ökologisierung des Anbaus und der Reduzierung von chemischem Pflanzenschutzeinsatz und verkennt das Spannungsfeld des Gemüsebaus zwischen hohen Qualitätsansprüchen und Grenzwerten des Handels bei steigenden Herausforderungen bezüglich Schädlingen und Erkrankungen bei geringer Wirkstoffverfügbarkeit und wechselnder und unvorhersehbarer Witterung.