Kritik an Vorschlägen zur Nachhaltigen Verwendung von Pflanzenschutzmitteln
Mit der Verordnung zur nachhaltigen Nutzung von Pflanzenschutzmittel will die EU-Kommission bis 2030 für eine Halbierung des Pflanzenschutzeinsatzes sorgen. Der Entwurf liegt insgesamt acht Wochen bis zum 19. September 2022 zur Kommentierung vor und kann von jedem EU-Bürger, Unternehmen, NGO oder Verband eingesehen und bewertet werden. Über die Trägerverbände hat sich die Bundesfachgruppe Gemüsebau bereits beteiligt und alle Mitglieder aufgerufen aus der eigenen Sicht die Maßnahmen der Verordnung zu bewerten. In der Verordnung sind zusammenfassend unter anderem folgende Maßnahmen und Ziele geplant:
• Halbierung des Risikopotentials durch Pflanzenschutzmittel (Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 2015-2017)
• Halbierung des Einsatzes von gefährlicheren Pflanzenschutzmitteln (Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 2015-2017)
• Verbot der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln in sensitiven Gebieten (z.B. NSG, Natura 2000, FFH).
Ziel dieser Vorschläge ist es: „…den Verlust an biologischer Vielfalt in Europa zu stoppen…“ sowie “eine dauerhafte Ernährungssicherheit zu gewährleisten und unsere Gesundheit zu schützen“. Aus Sicht der Bundesfachgruppe Gemüsebau sind die genannten Maßnahmen nicht geeignet, diese Ziele zu erreichen. Die Gesundheit der Verbraucher ist selbstverständlich oberste Priorität, wenn es um den zukünftigen nachhaltigen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln geht. Daher wird das Prinzip des nachhaltigen Pflanzenschutzes bereits heute von allen Unternehmen im Bereich der Sonderkulturen strikt eingehalten. Eine pauschale Reduktion von Pflanzenschutzmitteln ist weder fachlich sinnvoll noch der Ernährungssicherheit zuträglich. Eine Reduzierung der Risiken muss auf Basis von wissenschaftlichen Bewertungen erfolgen und darf nicht zu Lasten der Qualität der Erzeugnisse gehen. Bereits heute verfügt die Europäische Union über die weltweit strengsten Regulierungsmaßnahmen für die Zulassung, das Inverkehrbringen und die Anwendung von chemischen Pflanzenschutzmitteln. Die Trägerverbände und auch die Bundesfachgruppe Gemüsebau lehnen insbesondere die pauschalen Minderungsziele der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln um 50 % nachdrücklich ab. Eine derartige Verpflichtung hätte folgenreiche Konsequenzen wie Verluste bei Erträgen und Qualitäten, Erhöhung von Lebensmittelverschwendung, Verlust von Diversität der Anbaukulturen und Betriebsaufgaben. Eine unzureichende Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln würde bei gleichbleibender oder deutlich steigender Nachfrage zu einem erhöhten Bedarf an landwirtschaftlichen Flächen führen.
Dies wiederum müsste durch mehr Importe ausgeglichen werden. Zudem käme es zu einer Verlagerung der landwirtschaftlichen Produktion in andere Regionen der Welt, was weitere ungewollte Folgen hätte. Ein auf Regionalität basierendes Lebensmittelangebot ist dann nicht mehr möglich. Auch ist eine pauschale Reduzierung der Pflanzenschutzmittel um 50 % ist im Sinne eines integrierten und nachhaltigen Pflanzenschutzes nicht sinnvoll. Eine differenzierte Betrachtung nach Kulturarten, Wirkstoffgruppen, möglichen Alternativen, etc. ist hier dringend zu empfehlen. Im Sinne eines nachhaltigen Resistenzmanagements ist es unabdingbar, verschiedene Wirkstoffe gegen einen Schädling zur Verfügung zu haben. Sofern keine kulturspezifischen Vorschriften vorliegen, sollen laut Vorschlag der Kommission umfangreiche Aufzeichnungen vorgeschrieben werden. Die Nicht-Anwendung von Maßnahmen soll zudem begründet werden. Mit diesen Vorgaben wird der integrierte Pflanzenschutz bürokratisiert. Dieses Bündel an Pflichten ist in den gartenbaulichen Sonderkulturen aufgrund der Kulturvielfalt, der Vielfalt an Schädlingen und Krankheiten in keiner Weise umsetzbar. Alles bereits eingereichten Stellungnahmen und die gesamte Verordnung können Sie hier nachlesen und gegebenenfalls selbst Position beziehen: www.ec.europa.eu/info/law/better-regulation/have-your-say/initiatives/12413-Pestizide-nachhaltige-Verwendung-aktualisierte-EU-Vorschriften-_de